Per Zufall ist mir heute ein Zeitungsartikel aufgefallen, der mich sehr an die gerade absolvierte Kunstklausur erinnerte. Es ging um den sogenannten Adonis-Komplex. Adonis war für die antiken Griechen der Gott der (männlichen) Schönheit, genau so, wie er es weiterhin sein könnte.
Schon in der griechischen Archaik/Klassik, Thema in der Klausur, gab es eben diese Ideale, die der Staatsbürger (meist aus der wohlhabenden, männlichen Oberschicht) anstreben sollte: Andreia z.B. hieß, kämpferische Tapferkeit auszustrahlen, verkörpert durch trainierte Oberschenkel oder eine breite Brust.
In ihren Statuen zeigten die Griechen ihre Ideale. Es ging nicht darum, das Individuum zu zeigen, das verewigt wurde, vielmehr sollten gesellschaftliche Werte veranschaulicht werden:
Der perfekte Bürger hatte weder physische noch psychische Mängel, er ging regelmäßig in das Gymnasion, um dort seinen Körper in Form zu halten.
Und genau dieser Trend ist gerade dabei, wieder Oberhand zu gewinnen. Während es in den 1950er und 1960er Jahren noch völlig egal war, wie man körperlich aussah, ist heutzutage der Fitness-Gedanke mit Arnold Schwarzenegger und cleverem Marketing wieder groß geworden.
Der wesentliche Unterschied zu den Griechen ist, dass es aktuell weniger darum geht, sich auf Olympia oder eine mögliche Verteidigung der Polis vorzubereiten; die Hauptrolle spielt oft schlicht das Aussehen.
2018 waren mehr als elf Millionen Menschen allein in deutschen Fitness-Studios angemeldet.
Was genau ist also der Adonis-Komplex? Grundsätzlich ist es einfach der Zwang, seine Muskeln immer weiter zu trainieren. Symptome sind ein verzerrtes Urteil über das eigene Aussehen, soziale Abschottung, Essstörungen und Minderwertigkeitskomplexe.
Viele Männer identifizieren sich mit ihrem Körper, was logischerweise einen sehr instabilen Selbstwert impliziert.
Als Gesellschaft müsste man sich abschließend vor allem zwei Fragen stellen:
Wann ist der Mann ein Mann?(Herbert Grönemeyer oder auch Michelangelo)
Vielleicht auch noch: Was für eine Rolle spielt das Individuum in einer derart körperbezogenen Gesellschaft?
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